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Pirate
Der lange Weg nach Kona: Fuenf Jahre fuer Startnummer 651

Maerz in Darmstadt:
Waehrend einem Schneesturm im Dezember habe ich die meisten der folgenden Worte geschrieben. Aber dann gings noch durch all die Bilder.
Letzten Oktober hat sich fuer mich ein Traum erfuellt fuer den ich fuenf Jahre gelernt, trainiert, investiert, kuriert und aufgerappelt habe. Und fast so lange hat es gedauert diesen Report aus 4GB Fotos neben der Arbeit, der Steuer, dem Training, dem Renovieren, etc. zu erstellen. Ron moege mir und all die Ausreden verzeihen. Sie stimmen aber leider tatsaechlich. Das haerteste fuer einen Age-Grouper ist eben all das, was man dann im Wettkampf nicht sieht.
Dieser Traum wurde mir eingeimpft als ich im Winter 2005 auf einem 56k Modem in raeudigster Qualitaet die Aufzeichnung der kompletten drei Splits des Hawaii Ironman anschaute. Ein baertiger Kerl mit exotisch klingendem Namen und Bayrischer Nationalitaet ueberquerte als erster die Ziellinie auf dem Alii Drive und ich dachte mir: "Was fuer ein cooles Sportevent".
Es hat diese fuenf Jahre gedauert um aus einem MTB Marathon Spezialisten einen Triathleten zu machen und endlich am 9.Oktober 2010 an die Startlinie dieses Rennens zu kommen.
Aber alles der Reihe nach:
Nachdem ich in Nizza einen Slot ergattert hatte (siehe archivierte Reports), musste zunaechst mal die komplexe Vorbereitungen gelingen.
Das hiess Geld checken (Aua!), Fluege buchen, Unterkunft finden, alles im Job regeln, trainieren, Bike anpassen, etc.
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Am Samstag dem 02.Oktober, also eine Woche vor dem Rennen ging dann die komplette Crew auf die Reise.
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Es wurde ein wirklich langer Tag obwohl wir, rein der Zahl nach, nur wenige Stunden spaeter auf der anderen Seite der Erde ankamen.
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Der erste naechtliche Eindrunck war zunaechst sehr amerikanisch: Airport, Highway, ein kleiner Ort, Condominium.
Das aenderte sich aber schon mit dem naechsten Erwachen.
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Der staendige Praesenz dieser gewaltigen Natur verstaerkte sich ab dann mit jedem Tag. Die Hawaiianischen Inseln sind nun mal eine klaffende Wunde in der Erdkruste und damit kommt offenbar eine Energie ins Spiel die man ungefragt respektieren muss.
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Der erste Tag verging damit die technische Infrastruktur in Betrieb zu nehmen.
Fahrrad, ...
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... Nahrung beschaffen ...
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... und Internet.
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Normalerweise gehoere ich zur Gattung der Spaetaufsteher. Aber mithilfe des drei Tage waehrenden Jetlags war es mir moeglich an dem morgendlichen Spektakel des offiziellen Schwimmtrainings teilzunehmen.
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Schwimmen in der Bucht von Kailua Kona ist etwas besonderes. Ein gigantisches Aquarium mit bunten Fischen und Pflanzen. Man sieht zu jedem Zeitpunkt den Boden.
Allerdings sollte man (ausser wenigen Ausnahmen) auch nur in dieser Bucht schwimmen. An anderen Stellen ins Meer zu gehen kann durchaus lebensgefaehrlich sein. Der Pazifik hat eine unglaubliche Macht. Im Zweifelsfall lieber kein Risiko eingehen.
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Kurios, wen man an dem Pier so alles trifft. Von der Prominenz, ...
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... ueber den kanadischen Mitstreiter vom Ironman France, Devashish, ...
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... bis zum Bekannten aus Darmstadt.
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Devashish zeigte mir dann bei einer Radausfahrt auch eine Stelle an der in grauer Vorzeit die Laufstrecke des Hawaii Ironman ausgetragen wurde: The Pit!
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Hier haben Legenden wie Marc Allen und Dave Scott sichs so richtig gegeben. Und ein Blick an den Strassenrand zeigte, dass auch schon lange davor dramatische, historische Vorgaenge stattfanden, z.B. die letzte Schlacht der Anhaenger der urspruenglichen Hawaiianischen Religion.
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Mein erster Lauf bestaetigte alle Geschichten die man so hoert: Die Hitze ist der volle Hammer!
Es ist garnicht die Temperatur, sondern diese unglaublich kraeftige Sonnenstrahlung. Man ist ja nahe des Aequators.
Nach nur zwei Kilometern bemerkte ich schon den ersten Schuettelfrost. Die rohe Gewalt der Natur diktiert hier das Tempo.
Sonnenaufgang und -untergang ist eine Sache von Minuten.
Die Zeit dazwischen ergibt den Lebenszyklus.
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Die Tage vor dem Rennen waren von eigenartiger Laessigkeit gepraegt: Leichtes Training, lockere Haushaltsfuehrung, Begegnungen mit der Tier- und Pflanzenwelt, Erkundungen und Einkaeufe.
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Zur Parade of Nations liessen wir es uns nicht nehmen ausserhalb der offiziellen Staatszugehoerigkeiten die Flagge zu zeigen.
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Es folgten dann zu festgelegten Terminen die ausgesprochen professionell organisierten Prozeduren wie Registrierung und Bike Check-in. Ein kundiges und mitfuehlendes Personal half einem alles ohne Hektik und Aerger abzuwickeln.
Ich kann mich nicht erinnern jemals so entspannt an ein derartig grosses Sportevent gegangen zu sein. Alle Beteiligten und auch Unbeteiligten haben grossen Respekt und Sympathie fuer die Athleten.
Im Anbetracht des Respekts den ich vor diesem Wettkampf fuer angebracht hielt (und auch weiterhin halte), waren meine Ziele klar und einfach formuliert:
1. Ankommen
2. Vor Sonnenuntergang
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09.Oktober - Race Day!
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Ich verabschiedete mich von der Familie und begab mich zum Body-Marking.
Nach dem obligatorischen Dixie-Klo und dem letzten Besuch beim Bike wurde es ernst.
Etwa 1900 Athleten mussten ueber die winzige Rampe am Pier zu Wasser gelassen werden.
Die Profis starteten schon um 6:30h.
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Die Age-Grouper waren um 7:00h dran.
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Der Kanonendonner!
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Schon nach wenigen Metern begann fuer mich ein Kampf ums Vorwaertskommen, aber auch ums Nicht-Ueberschwommen werden.
Spaeter wurde mir klar, dass meine Startposition von Anfang an unguenstig war. Dieser haessliche Kampf blieb fuer mich leider die meisste Zeit genau so, wobei die Damen am brutalsten um sich schlugen.
Von Schwimmen konnte die meiste Zeit nicht so ganz die Rede sein. Hauptsache keinen Fuss in die Zaehne kriegen. Dementsprechend war meine Zeit nix was man stolz nachhause funkt.
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Trotzdem liess ich mir die Laune nicht verderben und ging mit viel Freude auf diese sagenhafte Radstrecke.
Erst noch ein paar zuschauerfreundliche Kurven durch den Ort ...
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... und dann Queen K Feeling!
Selbstredend konnte mein Team an dieser Stelle nicht mit den Kameras folgen.
Darum die kurze schriftliche Zusammenfassung:
Bis Kawaihae alles fein. Es gab sogar das, selten komplette, wolkenlose Panorama des Mauna Loa zu sehen. Stellt Euch vor ihr fahrt ueber einen Huegel und ohne Vorwarnung steht am Horizont ein Matterhorn.
Ungefaehr hier bemerkte ich, dass meine rechte Armauflage gebrochen war und ich nur noch mit zusaetzlicher Schulterarbeit in Aero-Position fahren konnte.
Ab Kawaihae gings bis zum Wendepunkt in Hawi, bergauf ... mit Seitenboehen um die 100km/h!
Wenn der Vordermann ploetzlich im 45Grad Winkel stand wusste ich, dass ich der naechste bin. Ich fuehlte mich an alpine MTB Marathons erinnert. Man musste den Lenker aussen fest packen und treten wie ein Tier. Spaetestens hier machen allzu tiefe Felgen keinen Spass mehr.
Am Wendepunkt in Hawi bemerkte ich, dass meine rechte Pobacke komplett zugekrampft war.
Gefahr! So kann man nicht laufen!
Zureuck in die Winde: Bloss nicht auf so einen Reflektor auf der Fahrbahn geblasen werden.
Bei Km 135 waere ich fast auf dem Rad eingeschlafen - kein Witz! Ich konnte durch das staendige harte Lenken nichts essen und war offenbar unterzuckert. Rooky-Fehler!
Bis ungefaehr zum Energy Lab habe ich dann gebraucht den Po wieder zu entkrampfen: Triggern mit der Sattelspitze und locker lassen wanns nur ging.
Damit war auch der Radsplit nix besonderes. Aber, nur ruhig bleiben, denn Laufen war wieder moeglich.
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Fuer den Marathon beschloss ich dann an jeder Aid Station in Ruhe Kuehlung und koffeiniertes Zuckerwasser aufzunehmen.
Mit dieser Taktik verlor ich zwar immer wieder Zeit, konnte aber meine Temperatur gut kontrollieren.
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Kurz nach dem Wechsel muss ich wohl meine Sonnencreme verloren haben. Gottseidank kann man an den Aid Stations nach Abhilfe fragen, denn die Sonne frisst sonst sofort in die Haut.
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Ab der Steigung aus dem Energy Lab habe ich dann nochmal Schrittweite mobilisiert und zum Schluss sogar noch einige Aid Stations ausgelassen: Schliesslich hing der Sonnenstand schon verdaechtig auf Halbmast.
Das letzte mal die Palani Road bergab zu laufen tut in den Oberschenkeln ungalublich weh, aber es ist die letzte Meile und was dann kommt ist halt das Gefuehl von dem so viele traeumen und wofuer sie so hart trainieren.
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Ich gebe zu, dass ich danach sehr bewegt war.
Ich gebe zu, dass ich spaeter noch einen Schuettelfrost aushalten musste.
Ich gebe auch zu, dass ich vielleicht auch etwas zu vorsichtig an dieses Rennen gegangen bin.
Aber, ich habe das T-Shirt und die Medaille nachhause gebracht und war vor Sonnenuntergang im Ziel!
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Das Rennen ist alles was ihm an Legenden angedichtet wird:
Noch nie war ich zu jeder Phase des Rennens so dicht an einem DNF.
Man kann nichts vorhersagen.
Pirate Kona

Und doch ist es von ueberwaeltigender Faszination und Schoenheit. Man muss sich halt auf diese rauhe Natur einlassen
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Swim: 1:18:55
T1: 4:55
Bike: 5:48:20
T2: 5:13
Run: 3:46:36
Total: 11:03:59


Peace
Captn Crook
a.k.a.
Alex

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