Nach ausgiebiger intensiver Vorbereitung eine Woche zuvor auf
Mallorca bin ich am 30.06.2010 in "top Form" nach Fügen ins Zillertal
zum Bike Challenge ZILLERTAL 2010 gefahren.
Stefan "Zimbo" Zimmermann (Team Pirate), Gerd Sowa (P-Racer, Plettenberg)
& ich wollten dort das 3-Tage-Rennen als Training für unsere unterschiedlichen
Saisonhöhepunkte bewältigen.
Unter dem Namen King/Queen of Mountain und Prince/Princess of
Mountain standen 2 Kategorien zu Verfügung. Zum einen für "Freizeitfahrer"
den Prince of Mountain mit 152,1 km und 5.656 hm und zum anderen
für "Profis" den King of Mountain mit 203 km und 10.046 hm.
Da wir ja keine Freizeitfahrer oder Luschen sind, haben wir natürlich
die "harte Tour" gewählt!!!!!
Zimbo musste jedoch leider ganz kurzfristig aus beruflichen Gründen
absagen, was sich 2 Tage später als ungewollter Glücksfall darstellen
würde.
Etappe 1:
Nach 1 ½ Tagen Akklimatisation in 550 m Höhe in Fügen starteten
wir morgens um 9.15 Uhr gleichen Ortes.
Bei angenehmen 25 Grad ging es erst einmal ca. 3-4 km durch den
Ort bevor der erste Anstieg kam. Zum eingewöhnen fuhren wir über
die Straße und dann über Forstwege 12 km nach Hochfügen. Zwischenzeitlich
war die Temperatur auf 28 Grad angestiegen und nach "lockeren"
1.000 hm war ich schon oben angekommen. "Oben" war jedoch das
falsche Wort - ich stand auf 1.500 m an der Verpflegungsstation
und musste NUN die nächsten 15 km wellenförmig mit 800 hm überwinden,
um dann 10 km ins Tal nach Kaltenbach fahren zu dürfen.
In Kaltenbach selber waren es mittlerweile 33 Grad! Ich weiß nicht
wie viel Gel's & wie viel Liter Iso-Getränke & Wasser ich bereits
zur mir genommen hatte, jedoch meldete sich jetzt erstmalig mein
Verdauungstrakt. Mit 2 Bananen habe ich versucht, ihn ruhig zu
stellen und wollte nun die letzte Teerblase angehen.
Diese letzte Teerblase sollte nach 1.500 hm am Stück mit bis zu
23 % Steigungen an der Kreuzjochhütte auf 2.000 m enden und dann
15 km nur noch bergab - so der Plan!
Die ersten 4 km gingen über eine Teerstraße mit Naturbruchsteinmauer
als seitliche Begrenzung. Ich war mir nicht sicher, ob die Hitze
von oben schlimmer war, oder die von der aufgeheizten Teerstraße.
Die Luft stand und ich überlegte mir jetzt schon eine Ausrede,
warum ich aussteigen werde. Nach und nach kamen mir die ersten
Fahrer schon wieder entgegen.
Im Nachhinein stellte sich heraus, dass bereits in der ersten
Tages-Etappe 20% des Teilnehmerfeldes aufgegeben hatte.
Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 6,5 km/h jagten die Triathleten
vom RSC Niddertal und ich das Feld vor uns her. Immer schön den
Engländer hinter uns im Blickfeld, damit wir ja nicht Letzter
werden.
Nach ca. 2 Std. stetigen Bergauf-Kurbelns merkte ich jetzt doch
das eine oder andere San Miguel auf Malle, welches vielleicht
zuviel war.
Wir entschieden uns eine Wanderpause einzulegen. Unser Tempo verringerte
sich dadurch enorm um 1 km/h, was den Engländer jetzt natürlich
anspornte uns einzuholen.
Irgendwann - nach gefühlten 100 Std. - kamen wir dann an der Kreuzjochhütte
an und wollten eine kurze Pause mit Erfrischungen einlegen. Leider
waren wir wahrscheinlich zu schnell gewesen und das Versorgungsteam
hatte den Stand noch nicht aufgebaut - oder war`s umgekehrt? Außer
Wasser und einen dummen Spruch konnten wir dort oben nichts mehr
bekommen… tsssss.. Also fuhren wir dem Engländer hinterherjagend
die 15 km Serpentinen hinunter Richtung Zell am Ziller.
Irgendwann auf halber Strecke hatten wir ihn im Blick und dann
kam die Stunde des Siegers! Mit Vollgas zogen wir an ihm vorbei
und wurden NICHT Letzter. Zu dritt belegten wir den vorletzten
Platz und fühlten uns wie Lance Armstrong nach einer Eigenbluttransfusion.
Ich hatte mich dann schon mal vorsorglich bei den Triathleten
mit den Worten verabschiedet, "die Schei… könnt ihr alleine fahren
- ICH gehe morgen schwimmen!"
Zuhause im angemieteten Haus angekommen stand Gerd Sowa frohgelaunt
vor mir, bereits frisch gebadet, den Flüssigkeitshaushalt wieder
in Ordnung und fragte mich, "na, wie war's?"
Er hatte Glück, dass ich keinen scharfkantigen harten Gegenstand
so schnell griffbereit hatte.
Den Rest des Tages verbrachte ich dann nur noch im Wechsel auf
dem "Örtchen" und auf der Gartenliege - super Rennen!.
Etappe 2:
Nachdem Gerd mich mal wieder bequatscht hatte, habe ich mich dann
doch wieder aufgerafft und bin nach Zell im Ziller gefahren, um
dort um 9:00 Uhr an den Start zur 2. Etappe zu gehen. Laut Streckenprofil
wäre ja nur das erste Hügelchen etwas schwieriger und dann die
nächsten 50 km nur noch "ausrollen". Es ließ sich auch erst gut
an, da wir die ganze Zeit im Schatten bis zur Baumgrenze gefahren
sind. Mein Darmtrakt arbeitete ruhig ohne größere Probleme und
die Krämpfe in den Oberschenkeln wechselten sich zum Glück ab,
damit ich nicht ganz zum Stillstand kam.
Die Jungs vom RSC Niddatal waren natürlich auch wieder da und
der Engländer kurbelte ebenfalls im Abstand von 150 m hinter uns.
Alles wie gehabt, da konnte ja nichts mehr schief gehen.
Ab 1.700 m war es dann vorbei mit der Herrlichkeit:
Schatten hatte ich nur noch hinter meiner Sattelstütze, hinter
der ich mich beim Schieben bei 23% Steigung befand. Es kann ja
nicht mehr weit sein lt. Plan, da wir ja schon auf über 1.800
m von 2.050 m sind - so machten wir uns gegenseitig Mut und wanderten
weiter bzw. fuhren auch teilweise, da wir zwischenzeitlich von
Oberschenkelkrämpfe auf Wadenkrämpfe gewechselt hatten.
Leider stimmte der Plan in Punkto "Höhenangabe" nicht so 100%ig.
Ein erstes Schild auf der Bergstation mit 2.250 m ließ uns Böses
erahnen.
Nun kamen die ersten Schneefelder, die durchwartet werden mussten.
Erst war es ein erfrischendes Gefühl den kalten Schnee in den
Schuhen zu haben, aber wenn das Tauwasser von gefühlten minus
10 Grad ständig in den Schuhen schwappte wird es irgendwann sehr
unlustig. Gesprochen wurde schon seit über 1 Stunde nicht mehr,
da unsere Schnappatmung das nicht mehr zu ließ.
Irgendwie haben wir es dann doch nach fast 2.000 hm am Stück geschafft
und standen an einer verlassenen Verpflegungsstation am Übergangsjoch.
Wir waren wahrscheinlich wieder zu früh dran!
Übrigens, der Engländer muss im früheren Leben Yeti gewesen sein,
der Inselaffe schoss im Schnee an uns vorbei wie ein Schneepflug.
Kein Problem dachte ich, habe noch genug Wasser, Salz, Gel's und
Powerbars - bis zur nächsten Station sind es ja nur ca. 8 km und
die sind hauptsächlich abwärts. Dass ich die nächsten Kilometer
auch zu Fuß unterwegs sein würde, konnte ich von der Stelle jedoch
nicht einsehen.
Mehrere Schneefelder und Geröllwüsten ließen eine entspannte Abfahrt
leider nicht zu. Als guter Skifahrer machte mir das natürlich
nichts aus und so rutschten wir wie Markus Wasmeier in besten
Zeiten den Berg hinab. Kleinere Überschläge mit Bestnoten in der
Haltung ließ die Moral wieder steigen. Nach ca. 500 Spitzkehren
erreichten wir dann Gmünd - aber der Engländer war weg! Bei "angenehmen"
35 Grad im Schatten (den es nicht gab) ging es dann nach Gerlos.
Dort war dann doch eine besetzte Station (juhuuu), an der ich
meine Flaschen füllen wollte - welche Flaschen?
Bei der Geröllabfahrt war wohl durch diverse Flugeinlagen der
Flaschenhalter abgerissen. Mein Tag!
Nun sollte es zum Ißkogel auf 1.700 m gehen. Nachdem das Thermometer
nicht unter 30 Grad rutschen wollte, mein Wohlbefinden sowie meine
Darmflora jedoch gegen Null rutschten, kamen die ersten richtigen
Zweifel meines Tun's.
Als wir dann feststellen mussten, dass wir frühestens um 17.15
Uhr in Mayrhofen sein würden und Argentinien-Deutschland bereits
um 16.00 Uhr angesetzt war, habe ich mich dann gegen Österreich
und für Deutschland entschieden! Nach 5.600 hm und bis dahin 115
km war für mich endlich Ende dieser Kaffeefahrt!!!!
Etappe 3:
Keine Ahnung - ich war mit meiner Maus in Hintertux, um so ein
blödes MTB-Rennen anzusehen!
Übrigens: Gerd Sowa wurde 61. in einem Feld mit MTB-Olympiasiegern,
Marathonmeistern und Weltcupfahrern - Chapeau!
…ich denke ich bin nächstes Jahr wieder dabei - vielleicht ein
bisschen besser vorbereitet und ohne Malle!
Servus Euer
Mallorca Paule |