Mitten
in der Woche, vor dem zweiten Samstag im Juli, packten wir unsere
beiden geputzten Rotwild Geländesporträder in den Bus und es ging
vom flachen Niederrhein ins bergige Zillertal - Ziel: Die 4. Zillertal
Bike Challenge.
Das Zillertal kenne ich nur aus Erzählungen von wilden ApresSki-Partys,
lauten Liedern aus großen Boxen deren Texte man beim zweiten Hinhören
lautstark mitsingen kann und steilen Skiabfahrten, halt nur aus
dem Winter.
Jetzt ist der Sommer da und ich bin gespannt, Ute kennt das Tal
in Österreich... Zum "Ritter" sind wir schon bei der BIKE Transalp
geschlagen worden, jetzt wollen wir "Königin und König der Alpen"
werden.
Könige haben es nicht immer leicht. Im Fall der Zillertal Bike
Challenge ist der Weg bis zur Krönung steil und steinig. 3 Tage,
200 km und 10.000 Höhenmeter trennen uns vom ersehnten Titel.
Alles ist perfekt organisiert und das Besondere an diesem kurzen
Etappenrennen quer durch das gesamte Zillertal ist, die Kings
und Queens machen sich auf'm Weg der vollen Renn-Distanz mit über
dreitausend Höhenmeter an jedem Tag und die Prinzen und Prinzessinnen
entschweben mehrmals sanft der Quälerei und überlassen knapp die
Hälfte des Pensums den Aufstiegshilfen (Seil- und Bergbahnen).
Ab und an treffen Vater und Sohn/Mutter und Tochter der Königsfamilie
aufeinander und dann trennen sich auch schon die Wege wieder.
Schön an der Zillertal Challenge ist: Wir brauchen das Schlafzimmer
nicht wechseln, unsere Betten werden jeden Morgen in Mayrhofen
gemacht.
Am ersten Tag fahren wir früh morgens mit der Zillertalbahn die
dreiundzwanzig Kilometer zum Start nach Fügen. Der Wagon in Mayrhofen
ist voller Holländer.
Überholt die Bahn zum Start fahrende Biker, hört man auf holländisch:
"tweePrins en eenkoning". Pünktlich um 9 Uhr werden wir auf die
Reise geschickt.
Es geht durch das Finsingtal nach Hochfügen und weiter über den
Riedberg bis zur Mautstelle der Höhenstrasse.
In Kaltenbach fängt es an zu regnen und an der Verpflegungsstation
gibt's warmen Tee. Der Regen ist hartnäckig und verfolgt uns -
keine Postkarten Aussicht auf den Kapaunsalm Panoramaweg.
Den Abschluß der ersten Etappe bildet eine achtzehn Kilometer
lange rasante Abfahrt über Rohrberg nach Zell am Ziller, geschafft!
312 Minuten haben wir für die 72 Kilometer benötigt.
Nur sechs von elf gestarteten Frauen rollen über die erste Ziellinie,
die Ausfallquote ist groß - upps, Ute steht bei den Frauen ganz
unten auf der Ergebnisliste...
Tag zwei Im Zug, der uns heute um kurz vor acht Uhr von Mayrhofen
nach Zell am Ziller bringt kommt man unweigerlich mit den anderen
Stollenradbesitzern ins Gespräch. Wir sind noch nicht ganz bei
der Sache, andere voller Tatendrang - Heldengeschichten werden
erzählt, Informationen ausgetauscht und die Materialfrage geklärt.
Die ersten 20 Kilometer von den insgesamt 74 ist das Thema: zweitausend
Höhenmeter an einem Stück zum Übergangsjoch, puh!
Mit Ute bin ich solch eine Höhenmeterstrecke noch nie gefahren,
wir haben Respekt und in unserem Bauch rumort es. Nach dem Start
fing unser internes Rennen an.
Zu viert ging es die Steigung hoch. Eigentlich nichts besonderes,
nur war ich umzingelt von drei Frauen, alle wollten besser sein.
Die zwei jungen Küken aus Dänemark mochten es nicht, das wir in
unserem pinken Piratenshirt schneller am Berg waren.
Kein Lächeln, kein Gespräch nur lautes Schnaufen verfolgte uns.
Um kurz nach 11 Uhr waren wir oben auf'm Übergangsjoch.
Nach einer kurzen Abfahrt haben wir die dänischen Frauen nicht
mehr gesehen, bei uns geht's halt nicht so schnell Berg ab.
Am zweiten Berg näherten wir uns wieder und überholten die beiden
Küken. Unser Vorsprung war diesmal vor der Abfahrt nach Gerlos
so groß, dass wir erst kurz vor dem Ortseingangschild überholt
wurden. Auf den letzten sechshundert Höhenmeter von Gmünd hinauf
zur Gerlostaler Alm trennten sich auch die Däninnen, eine fällt
zurück und die Stärkere wird bis zum Ziel in Mayrhofen nicht mehr
gesehen.
Für Ute ist es Platz 5 von 6, 16 min noch bis Platz 4... Marianne
und Jakob, das Almdudler Trachtenpärchen, sind im Ziel meine besten
Freunde geworden, auch heute wurden wir wieder bestmöglich mit
dieser süßen Kräuterlimonade versorgt...
Die letzte Etappe Bereits beim ersten Blick am Morgen aus'm Hotelzimmerfenster
fällt auf, was das Zillertal so einzigartig macht: Vor unseren
Augen ragen die Berge in den Himmel und bieten einen atemberaubenden
Anblick, Königswetter mit strahlend blauem Himmel.
Die Aussicht plus Vorfreude auf das ewige Eis des Hintertuxer
Gletscher wird uns heute den ganzen Tag begleiten.
Beim Frühstück werden unsere Speicher mit Kohlenhydrate ordentlich
gefüllt, der heutige Tag wird noch "Körner" kosten... 9 Uhr, krawumm,
Start...
Nach einer kurzen Rundfahrt durch Mayrhofen genießen die Prinzen
und Prinzessinnen die Vorzüge der Penkenbahn und überwinden mit
dieser Hilfe den ersten Anstieg.
Die Gondel ist natürlich nicht der einzige Weg bergauf, wir haben
immer noch Mumm in den Beinen und bewältigen auf Forststraßen
den Uphill. Über der Baumgrenze führen die Trails hinunter ins
Dorf, wir kurbel weiter aufwärts. Oben auf´m Gletscher ein gigantischer
Panoramablick, um uns herum das ewige Eis, über uns der blaue
Himmel, wir fühlen uns vogelfrei.
Auf der Terrasse des TuxerFernerhauses auf 2660m sind wir in Genießer
Laune.
Wir haben es geschafft, sind nun Königin und König.
3 schöne Tage im Zillertal und zum Abschluss noch der Schritt
auf`s Treppchen..... Ute als 5te Königin in der Damenwertung.
Nils Gieskes
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